„Verlottern? Verteufeln? Verhungern? – Qualitätsjournalismus unter Druck!“ – passender hätte der Titel des Journalistinnenkongress heuer wirklich nicht sein können. Daniela Kraus, Netzwerkfrau und Generalsekretärin des Presseclubs Concordia brachte es auf den Punkt: Trotz des Rückzugs von Presse-Chefredakteur Rainer Nowak und ORF-TV-News-Chefredakteur Matthias Schrom reicht es nicht, die „Tonalität“ in den Chats zu bedauern, oder im Gegenteil das Kind mit dem Bade auszuschütten und alle Journalist*innen sowie Qualitätsjournalismus zu verteufeln. Es braucht Lückenschlüssse in der Medienpolitik wie ein echtes Informationsfreiheitsgesetz und die Entpolitisierung des ORF. Es braucht Frauenförderung in den Redaktionen, Danke für das Danke für unsere Bemühungen in dieser Causa, liebe Daniela! Es braucht Medienethik in den Redaktionen und radikale Transparenz bei der Arbeit jeder und jedes Einzelnen im Journalismus. Daniela Kraus fordert Enthaltsamkeit von uns – und zwar bei unseren Kontakten zu Politik und Wirtschaft, konkret: „Vernetzen statt verhabern!„
Wir vom Frauennetzwerk Medien können und wollen die Frage, ob das in Chats offenbarte unsittliche Naheverhältnis einiger Chefredakteure zur Politik nicht passiert wäre, wenn es Chefredakteurinnen wären, nicht beantworten. Was wir aber wissen ist, dass wir die Antwort erst wissen, wenn in Österreichs Medienhäusern nicht mehr überwiegend Männer Führungspositionen mit ihnen ähnlichen Männern besetzen, sondern auch Frauen ihrem Anteil gemäß auf allen Ebenen einziehen. Und: In Krisen- und Kriegszeiten braucht es Qualitätsjournalismus dringender denn je als vierte, kontrollierende Macht im Staat – keinen Boys Club aus Politikern und einzelnen Medienvertretern, die für die eigene Karriere die Integrität dieses wunderbaren Berufes opfern. Wir fordern „Integrität im Journalismus statt eines Boys Club aus Politik und Medien“!
Vor einem Jahr beim Kongress forderten wir gemeinsam mit Heidi Vitéz (Vorstandsmitglied des Oberösterreichischen Presseclubs) und Romy Seidl (Gründungspräsidentin der Salzburger Medienfrauen), Daniela Kraus, Maria Rauch-Kallat (Initiatorin des Österreichischen Journalistinnenkongresses) und Elisabeth Pechmann Gleichstellung in der Medienförderung. Deshalb freut es uns, dass die Regierung in der neuen Medienförderung das Geld um 10 Prozent erhöhen wollen, wenn es Frauenförderung in den Redaktionen gibt. Das Plus kann aber nur der Anfang sein, wenn wir echte Gleichstellung rasch erreichen wollen, braucht es mehr! Kurz gesagt: Wir wollen Halbe-Halbe bei den Positionen und der Bezahlung!
Ums liebe Geld ging es beim von Elisabeth Pechmann moderierten Panel mit Eva Komarek, General Editor der Trend Topics der Styria Media Group, Nana Siebert, Stellvertretende Chefredakteurin des Standards und Michaela Ernst, Mitgründerin und Chefredakteurin des Wirtschaftsmagazins SHEconomy. Um die Frage „Wieviel Wahrheit ist den Menschen zumutbar?“ im Panel, das von unserer Co-Vorsitzenden und Wiener Zeitung-Innen- wie Wirtschaftspolitikjournalistin Martina Madner moderiert wurde. Magdalena Punz (Puls4), Rosa Lyon (ORF), Miriam Beller (ORF) und Ursula Meissner (freie Fotojournalistin) waren sich einig: die volle Wahrheit – allerdings ist es in Kriegen und Krisen nicht so einfach, diese herauszufinden und abzubilden. Es geht nicht nur um den Schutz von Leser:innen und TV- wie Hörfunk-Publikum, sondern auch um den Schutz der Interviewten vor Ort und darum die Würde der Betroffenen zu wahren. Dass die von Krieg und Krisen betroffenen Menschen selbst über ihre Situation sprechen, trägt zur Selbstbestimmung der Opfer und damit (dem Widererlangen) ihrer Würde bei, ist sich ORF-Russlandkorrespondentin Miriam Beller sicher, denn: „Krieg entmenschlicht die Opfer“.
Wir danken den wunderbaren Fotografinnen: Jacqueline Godany, die für das APA-Fotoservice vom Journalistinnenkongress berichtete und Valerie Marie Voithofer, dass sie uns beim Kongress ins rechte Licht gerückt haben. Hinter den Links verbergen sich die Fotogalerien der beiden!