Soll es einen weiblichen Blick in Film und Medien geben, also einen Female Gaze? Diese Frage beantworten alle Teilnehmerinnen der Diskussion mit dem Titel „Frauen sehen’s anders“ im APA Pressezentrum letztlich mit einem Ja.
Martina Madner, Moderatorin, Journalistin und eine unserer beiden Vorsitzenden, sagt: „Frauen haben nicht von Geburt an einen anderen Blick auf die Welt. Wir erlernen, verbessern und stärken ihn aber als feministische Journalistinnen.“ Film- und Medienschaffende mit einem Female Gaze machen darauf aufmerksam und liefern Alternativen zu solchen Bildern.
„Der angeblich normale und neutrale Blick auf die Gesellschaft entpuppt sich meist rasch als ein patriarchal männlicher, weißer, heterosexueller, konservativer. Manchmal gipfelt ein solcher Male Gaze in extremem Sexismus.
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Martina Madner, Moderatorin, Journalistin und Vorsitzende des Frauennetzwerks Medien

Das sei auch dringend notwendig, denn: „Der angeblich normale und neutrale Blick auf die Gesellschaft entpuppt sich meist rasch als ein patriarchal männlicher, weißer, heterosexueller, konservativer. Manchmal gipfelt ein solcher Male Gaze in extremem Sexismus.
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Was wollen Frauen sehen?
Ein Beispiel aus der Diskussion: Die Klimakrise und laufend mehr Hitzetage mit jungen Frauen im Bikini zu bebildern, ist sexistisch und verharmlost darüber hinaus noch das Problem. „Es geht vor allem auch um eine Frage, die in der Vergangenheit oft keine Rolle gespielt hat„, sagt Edith Ginz, Journalistin bei Moment.at, in ihrem Vortrag – er steht unten zum Download zur Verfügung – über Male und Female Gaze. Und zwar: „Was wollen Frauen sehen?
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„Ein Female Gaze zeigt die Welt nicht nur aus der cis-männlicher Perspektive.
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Edith Ginz, Journalistin bei Moment.at
Regisseurin Franziska Mayr-Keber, in deren Filmografie auch Einiges Feministisches zu finden ist, wie zum Beispiel Die Abschaffung der Geschlechter. Typisch Mann, typisch Frau, typisch Was? zeigt in ihrer Dokumentation Yoga – Lifestyle mit Nebenwirkungen, dass es Alternativen zu einem sexistischen Mal Gaze gibt. Der Blick durch die Kamera muss sich weder in weiblichen Ausschnitten noch Hinterteilen verlieren noch männlichen Geschlechtsteilen, die sich unter eng anliegenden Hosen zu deutlich sichtbar werden. Ihre Antwort auf die Frage „Was wollen Frauen sehen?“ lautet folglich: „Eine respektvolle Bildsprache. Bei einer Yoga Doku schöne, weibliche Körperrundungen ins Bild zu rücken, ist sexistisch und eine astreine Themenverfehlung.
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„Ich habe noch nie eine Beschwerde erhalten, Frauen zu wenig sexy darzustellen.
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Franziska Mayr-Keber, Regisseurin

Aufs Hosentürl wurde nie gefilmt, der Busen unterm Netzleiberl aber schon
Inge Letz war die erste Frau im deutschsprachigen Raum, die bei großen Live-Shows wie „Dalli, Dalli“ oder „Wünsch dir was“ Regie geführt hat. Ihr Eindruck war nie als Frau diskriminiert zu werden, wohl aber als Österreicherin, „die nicht einmal Deutsch kann“. Wobei es durchaus Beschwerden gab, dass sie sich zu wenig als Frau zeigte, sondern die weiblichen Attribute in einem schwarzen Seidenoverall „versteckte“.
Letztlich konnte die heute 84-Jährige, über die Karine Assadian die Biografie „Die Frau in der roten Corsage – Karriere wider Willen?“ verfasste das überwiegend männliche Team mit technischem Fachwissen überzeugen. Glücklicherweise konnte sie den männlichen Blick der Kameraleute, die alle den Busen des Lichtdoubles unterm Netzleiberl zum Test filmten, vom Fernsehbildschirm der ausgestrahlten Shows fernhalten. Bei Männern gab es gar nicht die Gefahr, dass solche Bilder im Fernsehen landen könnten. „Aufs Hosentürl wurde nie gefilmt!“

„Wenn man weg von solchen sexuell eindimensionalen Bildern kommen will, muss man den weiblichen Blick gezielt einsetzen.
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Inge Letz, 1. Live-Show-Regisseurin
Entscheiden Männer, bleiben weibliche Perspektiven oft unsichtbar
Wer wie seinen Blick auf Frauen richtet, muss man noch heute gezielt beeinflussen, erzählt Juliane Ahrer, Moderatorin auf W24. Sie hat bewusst eine Kamerafrau und Regisseurin ins Team der ersten feministischen Fernsehsendung „What the FEM?“ geholt. Auch damit sich Frauen wohl fühlen, wenn sie über heikle Themen wie zuletzt über Gewalt bei Geburten sprechen. Mit der feministischen Fernsehsendung „What the FEM?“ möchte sie „weiblichen, queeren und intersektionalen Stimmen gezielt Raum geben.“
„Der Male Gaze beeinflusst nach wie vor, wie Medien Inhalte auswählen und darstellen. Solange Männer die zentralen Entscheidungen treffen, bleiben viele Perspektiven unsichtbar.
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Juliane Ahrer, Moderatorin von „What the FEM?“

Damit das gelingt, muss man sich laufend bemühen, ist sich Stefanie Leodolter, Redakteurin und Moderatorin bei den Ö1-Journalen, sicher. Das beginnt bei der Wortwahl, sagt sie. In der Berichterstattung über Gewalt an Frauen in Familien haben die Worte „Familiendrama“ oder „Bluttat“ zum Beispiel nichts verloren, unter anderem weil sie die Gewalttaten verharmlosen oder auch den Täter – in den meisten Fällen der aktuelle oder ehemalige Partner – nicht als solcher benannt wird. Das Frauennetzwerk Medien hat für die Berichterstattung über Gewalt an Frauen übrigens Alternativen erarbeitet.
Die Menschen in all ihrer Diversität zeigen
Aber auch bei anderen Themen ist es laut Stefanie Leodolter essenziell, dass der männliche Blick nicht als normaler gesehen wird, da er die Sicht vieler Menschen ausschließt. „Die männliche Sichtweise ist in den Redaktionen oftmals noch immer die Norm.
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„Wir sollten uns des eigenen individuellen Blicks bewusster werden, ihn in passende und verständliche Worte fassen und so dazu beitragen, die Norm zu erweitern und inklusiver zu gestalten.
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Stefanie Leodolter, Redakteurin und Moderatorin der Ö1-Journale
Mit dem Projekt Zukunftsbild wollen Luzia Strohmayer-Nacif, Leiterin des APA Visual Desk und ihre Kolleg*innen Alternativen zu offen und versteckt sexistischen Klischeebildern liefern: „Wir wollen die Vielfältigkeit der Gesellschaft widerspiegeln, denn wenn Lebensrealitäten entsprechend abgebildet werden, stärkt das das Vertrauen in Medien und unsere Arbeit.
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„Bilder vermitteln unmittelbar. Und die Welt von heute kann nicht mit Bildern von gestern gezeigt werden.
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Luzia Strohmayer-Nacif, Leiterin des APA Visual Desk

Das Whitepaper „Diversität im Bild“, das bei diesem Projekt entstanden ist, gibt es kostenfrei zum Downloaden.
Credit für alle Fotos: Frauennetzwerk Medien/APA-Fotoservice/Reither
Weitere Fotos zur Veranstaltung finden Sie in der APA-Fotogalerie.