Verurteilt wegen Abtreibungspillen

Netzwerkfrau Magdalena Pichler fuhr Ende April auf Einladung des EU-Parlaments nach Brüssel. Für uns hat sie eine Bestandsaufnahme zu Frauenrechten in Europa aus dem Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (FEMM) verfasst.

Frauenrechte erleiden derzeit europaweit Rückschritte. Das zeigte auch das Hearing „The backlash against women’s rights“ im Europäischen Parlament in Brüssel am 25. April. Besonders im Fokus: Die Situation in Polen mit einem Bericht von Justyna Wydrzyńska, Aktivistin aus Polen (Abortion Dream Team), die gerade wegen Beihilfe zur Abtreibung verurteilt wurde.

Nach einem Urteil des polnischen Verfassungsgerichtshofes 2020 sind Schwangerschaftsabbrüche in Polen in den allermeisten Fällen verboten. Selbst Ausnahmen, etwa bei Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Frau, werden häufig restriktiv ausgelegt. Vergewaltigungen müssen nachgewiesen werden, um die Möglichkeit für einen legalen Schwangerschaftsabbruch zu bekommen. Mittlerweile sind seit laut Parlamentsrecherchen seit dem Urteil mindestens sechs Frauen in Polen in Folge von Komplikationen aufgrund von nicht durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen gestorben. Wydrzyńskas Verurteilung beruht darauf, dass sie einer Frau Abtreibungspillen weitergeben wollte. Deren Partner alarmierte die Polizei, welche die Pillen abfing. Denn Beihilfe zur Abtreibung ist in Polen verboten. Wydrzyńskas Strafausmaß beträgt für 30h/Woche gemeinnützige Arbeit  für einen Zeitraum von acht Monaten zu leisten. Sie möchte in Berufung gehen.

Neben Wydrzyńska waren auch Elżbieta Korolczuk (Universität Warschau & Hochschule Södertörn), Francesca Sanders (Transgender Europe) sowie Regina Marques (MDM – Women’s Democratic Movement) als Rednerinnen eingeladen. Sanders hob hervor, dass auch die Transgenderrechte betroffen seien. Korolczuk sagte, der Kampf gegen Abtreibungs-, Reproduktions-, und Frauenrechte sei ein wesentlicher Bestandteil des De-Demokratisierungsprozesses. Marques beleuchtete frauenrechtliche Verbesserungen in Portugal seit einer Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen (bis zur zehnten Woche). Die anschließenden Wortmeldungen der Ausschussmitglieder hoben Solidarität mit Wydrzyńska und den Frauen in Polen hervor, Kritik kam von der EKR (Europäische Konservative und Reformer) u. a., dass durch Abtreibungsmöglichkeiten schwangere Frauen unter Druck gesetzt werden würden.

Ausschussvorsitzender Robert Biedroń von der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) und S&D-Fraktionsvorsitzenden Iratxe García sind federführend in einem Vorschlag für eine Europäische Charta für Frauenrechte, welche von der S&D am 3. Mai in Krakau angenommen wurde. „Frauenrecht sind Menschenrechte“, betont in diesem Kontext Evelyn Regner, Vizepräsidentin des EU-Parlaments und Delegationsleiterin der Europa-SPÖ und fügt hinzu, in Österreich werde oftmals gar nicht gesehen, wie konzertiert die Anti-Gender-Bewegung sei. Die S&D geht mit der Europäischen Charta für Frauenrechte in den Europawahlkampf 2024.

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